Wenn auch die STIKO in ihren Veröffentlichungen gerne den Eindruck erwecken, der impfologische Stein der Weisen wäre mit der jeweiligen Empfehlung gefunden und diese wäre (zumindest bis zur nächsten...) ehern in Stein gemeißelt, belehrt schon der Blick über den Tellerrand der deutschen Grenzen hinaus eines Besseren.
So ist die in Deutschland mit hohem Druck und viel Angst propagierte Impfung gegen Hepatitis B ("in jeder Körperflüssigkeit"... "die vielen Bissverletzungen in der Krippe"... "die vielen Fixerbestecke auf dem Spielplatz"...) keinesfalls in allen vergleichbaren Ländern Westeuropas allgemein empfohlen, von den Impfungen gegen Meningokokken B und C, Windpocken oder Rotaviren ganz zu schweigen.... es gibt also beim Thema Impfen durchaus von staatlichen Behörden eingesetzte und ernst genommene Fachkommissionen, die - in anderen Ländern als Deutschland - zu durchaus anderen Ergebnissen und Empfehlungen kommen, als die STIKO.
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14 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen empfehlen die Grundimmunisierung mit 5- oder 6-fach-Impfung nur mit drei, anstatt mit vier Impfdosen, was die entsprechende Impfbelastung in den ersten 2 Lebensjahren (damit aber eben auch den Umsatz der Impfstoffhersteller...) um 25% reduziert - dass das genauso wirksam ist, wurde schon 2009 nachgewiesen, die STIKO brauchte lediglich 11 Jahre, um diese Erkenntnis umzusetzen... (Wiedermann 2009) ...
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8 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO einen Beginn der 5- oder 6-fach-Impfung erst im vierten Lebensmonat für früh genug.
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11 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO die Windpockenimpfung im Kleinkindesalter nicht für sinnvoll.
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10 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO die Rotavirusimpfung im Säuglingsalter nicht für sinnvoll.
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3 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO die Hepatitis B-Impfung im Säuglings- und Kleinkindesalter nicht für sinnvoll - näheres zu dieser Frage siehe hier.
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4 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO die Meningokokken C-Impfung im Kleinkindesalter nicht für sinnvoll.
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17 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO den Beginn der MMR(V)-Impfung im zweiten Lebensjahr für ausreichend - mit dem Vorteil, dass dann bereits nach der ersten Impfung über 90% der Geimpften einen wirksamen Masern-Schutz aufweisen (vergleichen mit etwas über 70% bei einem Impfbeginn im ersten Lebensjahr wie von der STIKO empfohlen) (Uzicanin 2011).
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14 (!) von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO die zweite MMR(V)-Impfung erst nach dem dritten Geburtstag für sinnvoll, drei Impfkommissionen (Belgien, Island, Norwegen) empfehlen diese sogar erst vor der Pubertät. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zur Position der STIKO, die - zuletzt z.B. im Rahmen Diskussion um den Masernimpfzwang - den Eindruck zu erwecken versucht, der Erfolg der MMR(V)-Impfung bzw. -Impfstrategie hänge entscheidend von dieser zweiten Impfung zeitnah nach der ersten ab...
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6 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO Auffrischimpfungen für Tetanus/Diphtherie im Erwachsenenalter gar nicht mehr für notwendig, drei weitere nur alle 20 Jahre, ein Land (Spanien) erst ab dem 65. Geburtstag - die STIKO empfiehlt hier die regelmäßige Impfung alle 10 Jahre.
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11 von 19 westeuropäischen Impfkommissionen halten im Gegensatz zur STIKO die Keuchhustenimpfung im Erwachsenenalter grundsätzlich nicht für sinnvoll - sechs davon empfehlen diese nur für Schwangere.
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10 von 20 westeuropäischen Impfkommissionen halten mittlerweile eine Impfung während der Schwangerschaft für empfehlenswert - zumindest gegen Keuchhusten, oft auch gegen Influenza (s. hierzu hier)
Es wird deutlich, dass es bei Impfempfehlungen - anders als bei vielen anderen medizinischen Maßnahmen - keinen internationalen Konsens gibt. Mithin kann keine Impfkommission mit ihrer Empfehlung berechtigterweise den Anspruch erheben, den Maßstab über "richtig" oder "falsch" geimpft zu proklamieren - die der STIKO-Empfehlung vom BGH zugeschriebene Qualität eines "medizinischen Standards" ist somit reines Wunschdenken und wissenschaftlich völlig unhaltbar.
Literatur
BGH. Urteil vom 15.02.2000. VI ZR 48/99
Uzicanin A. J Infect Dis. (2011) 204 (suppl 1): S133-S149. doi: 10.1093/infdis/jir102 (Abruf 24.06.2015)
Wiedermann U. Monatsschr Kinderheilkd 2009. 157:743-750. DOI 10.1007/s00112-009-1974-1